Kostenerstattung

Psychotherapie ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen. Es kommt bei der Suche nach einem Therapieplatz aber noch immer zu sehr langen Wartezeiten, da nicht ausreichend viele Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für die Abrechnung mit den Krankenkassen zugelassen sind (sie keine sogenannten "Kassensitze" haben). In jedem Bundesland ist die Anzahl dieser "Kassensitze" begrenzt, eine bestimmte Anzahl darf nicht überschritten werden. Die letzte mir bekannte Studie hierzu ergab, dass  die Wartezeit auf einen Therapieplatz in Berlin durchschnittlich ca. 12 Wochen betrug (Nübling et al., 2014). Diese Wartezeiten stellen für Menschen mit psychischen Belastungen eine große Herausvorderung dar. Insbesondere können sie bei akuten Krisen nicht zumutbar sein.

 

Wenn Sie also innerhalb einer angemessenen Wartezeit (meist gehen Gerichte von 6-8 Wochen aus, die Bundespsychotherapeutenkammer spricht in einem Informationsflyer zur Kostenerstattung von 3 Wochen) keinen kassenzugelassenen Psychotherapieplatz finden, können Sie sich diese Leistung selbst beschaffen. Kostenerstatung heißt: Ihre Krankenkasse ist verpflichtet, die entstandenen Kosten auch bei einem/ einer approbierten Psychotherapeuten/ Psychotherapeutin ohne "Kassensitz", bspw. in einer Privatpraxis, zu übernehmen (rechliche Grundlage: § 13 Abs. 3 SGB V).

 

Mit der Psychotherapierichtlinienreform vom 01.04.2017 haben viele Krankenkassen den Zugang zur Kostenerstattung stark eingeschränkt. Häufiges Argument ist, dass der Zugang zu Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten durch die psychotherapeutische Sprechstunde und die Akutbehandlung erleichtert sei. Ich weise an dieser Stelle ausdrücklich darauf hin, dass es sich bei beiden Angeboten nicht um Richtlinientherapie handelt. Sie können eine "normale" Therapie nicht ersetzen, da sie einen weit geringeren zeitlichen Umfang haben. Die Bundespsychotherapeutenkammer teilt diese Einschätzung (mehr dazu hier). Dennoch macht es die aktuelle Situation notwendig, dass Sie bei dem Wunsch nach einer Kostenerstattungstherapie zunächst mit Ihrer Krankenkasse in Verbindung treten und deren aktuelles Umgehen hiermit erfragen. Andernfalls kann es zu monatelangen Auseinandersetzungen mit ungewissem Ausgang kommen.

 

Ist die Krankenkasse grundsätzlich bereit, eine Kostenerstattungstherapie zu unterstützen, so sind einige Voraussetzungen zu erfüllen, die ich Ihnen nun kurz erkläre.

 

1. Sie benötigen ein Anschreiben an Ihre Krankenkasse, in dem sie begründen, warum eine Psychotherapie in Ihrem Fall dringend notwendig ist und dass kein Therapieplatz bei einer Psychotherapeutin/ einem Psychotherapeuten mit Kassenzulassung gefunden werden konnte. Sie stellen in diesem Anschreiben formlos den Antrag auf Kostenerstattung. Eine Vorlage finden Sie im Informationsflyer der Bundespsychotherapeutenkammer.

 

2. Diesem Anschreiben fügen Sie eine sogenannte Dringlichkeitsbescheinigung Ihres Hausarztes oder Ihres Facharztes bei, in dem dieser die psychotherapeutische Behandlung als unauffschiebbar und dringend notwendig bescheinigt.

 

3. Schließlich ist es notwendig, dass Sie ein Protokoll der vergeblichen Suche nach einer Psychotherapeutin/ einem Psychotherapeuten mit Kassenzulassung beifügen. Hier sollten 5-10 Kontakte mit Datum und Uhrzeit des Telefonats, Namen der/des Psychotherapeutin/ Psychotherapeuten und der dort aktuellen Wartezeit auf einen Therapieplatz protokolliert werden.

 

Zuletzt benötigen Sie die Bescheinigung einer Psychotherpeutin/ eines Psychotherapeuten in Privatpraxis, dass die Behandlung kurzfristig übernommen werden kann.

 

Weitere Informationen erhalten Sie bei Ihrer Krankenkasse und im o.g. Informationsflyer der Bundespsychotherapeutenkammer. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten in Privatpraxis finden Sie unter anderem unter www.therapie.de.