· 

Über gesunden Schlaf - und viele Mythen

Was ist das eigentlich: Gesunder Schlaf?

Bild: Dakota Corbin, www.StockSnap.io
Bild: Dakota Corbin, www.StockSnap.io

Jeder Mensch braucht acht Stunden Schlaf? Nur wer vor Mitternacht ins Bett geht, schläft erholsam? Wacht man nachts auf, hat man nicht gut geschlafen? Nein. Es gibt viele Mythen zum Thema gesunder Schlaf. Hier soll mit einigen aufgeräumt werden.


Zunächst einmal richteten sich Müdigkeit und Schlaf nach dem eigenen Biorhythmus. Dieser wird unter anderem durch Temperatur- und Hormonschwankungen bestimmt, die innerhalb eines zeitlichen Rahmens von ungefähr 24 Stunden auftreten. Zum Beispiel ändert sich die Körpertemperatur innerhalb eines Tages um ungefähr einen Grad Celsius. Wenn diese sich am frühen Abend absenkt, werden wir müde. Wach werden wir, wenn sie dann am Morgen langsam steigt. Dieser Biorhythmus bleibt auch bestehen, wenn wir einmal aus unseren Lebensroutinen ausbrechen. Wer nach der Nachtschicht oder einer langen Partynacht zur gewohnten Urzeit aufwacht, weiß ein Lied davon zu singen.

 

Der Biorhythmus ist aber bei jedem Menschen verschieden. Während bei Nachtschwärmern, den sogenannten „Eulen“, die Körpertemperatur erst am Abend den Höhepunkt erreicht und sie genau dann konzentrationsfähig und wach sind, ist der Tag der Morgenmenschen, den „Lerchen“, zu dieser Zeit schon fast vorbei. Am Morgen sind dafür sie es, die aus dem Bett springen und konzentriert in den Tag starten können, während die Eulen noch miesepetrig verschlafen auf der Bettkante sitzen. Diese festen Rhythmen sind recht ausgeprägt, wer einen regelmäßigen Lebenswandel hat (neben den Schlafenszeiten gehört auch regelmäßiges Essen dazu), kann sie deutlich spüren.

 

Es gibt aber auch kürzere biologische Rhythmen, die für Schwankungen innerhalb eines Tages verantwortlich sind. So erleben die meisten Menschen vom Morgen bis zum Abend verschiedene Müdigkeitsschübe: die Schläfrigkeit nach dem Aufstehen, das Mittagsloch nach dem Essen, die Erschöpfung am Nachmittag usw. Hierzwischen wird der Körper immer wieder aktiv, die Müdigkeitswellen können also überwunden werden. Das gleiche gilt aber auch am Abend: Wer eine Müdigkeitswelle verpasst, weil er doch noch den spannenden Film zu Ende sehen will, ist danach erst einmal wach. Und muss auf die nächste Welle warten. In dieser Zeit sollte man nicht im Bett liegen und daran denken, dass man nicht schlafen kann. Die Müdigkeit wird kommen und dann ist der richtige Zeitpunkt erreicht, ins Bett zu gehen. Wer nicht innerhalb von 20 Minuten einschläft ist also gut beraten, noch einmal aufstehen.

 

Im Schlaf folgen dann fünf verschiedene Schlafphasen, die wir mehrmals in der Nacht durchlaufen. Im Einschlafstadium befinden wir uns in einem Zustand zwischen Wachen und Schlafen: Geräusche der Umwelt können noch aufgenommen werden, werden aber oft mit bizarren, traumähnlichen Gedanken vermischt. Wir dösen – die Hirnströme werden ruhiger, die Augen bewegen sich pendelnd.

 

Im Stadium des leichten Schlafes kommen Augen und Muskeln zur Ruhe und der Körper schirmt sich zunehmend gegen äußere Einflüsse ab. In dieser Phase ist man aber noch immer sehr leicht zu wecken. Viele Menschen mit Schlafstörungen, die in dieser Phase wieder aufwachen, klagen im Schlaflabor über das Gefühl, gar nicht geschlafen zu haben [1].

 

Im Tiefschlaf – der aufgrund leicht unterschiedlicher Hirnströme noch einmal in Stadium 3 und 4 unterteilt wird – kommen Muskeltonus, Herzfrequenz und Blutdruck noch weiter zur Ruhe. Wir sind in einem Zustand der tiefen Entspannung. Unser Körper schüttet Wachstumshormone aus, die für die Regeneration bedeutsam sind und wenn jemand versucht uns zu wecken, brauchen wir länger, um uns in der Realität zurechtzufinden. Neigen Menschen zum Schlafwandeln, so tun sie dies in diesen Phasen.

 

Zuletzt gibt es noch die Phase des REM-Schlafes. In dieser Zeit führen die Augäpfel rasche Bewegungen durch (Rapid-Eye-Movement) und beim Erwachen aus dieser Phase können wir voller Detailreichtum von unseren Träumen berichten. Hierzu passend sind die Muskeln zwar maximal entspannt (sonst würden wir Gefahr laufen, die geträumten Bewegungen tatsächlich auszuführen), die meisten vegetativen Funktionen wie Blutdruck, Atmung, Hirn- und Genitaldurchblutung sind aber deutlich aktiviert.

 

Pro Nacht durchlaufen wir diese Schlafphasen drei- bis fünfmal. Kurze Aufwachphasen sind dazwischen normal – bei einer Dauer von bis zu vier Minuten erinnern wir sie am nächsten Morgen nicht.  Die Tiefschlafphasen sind zu Beginn einer Nacht länger und nehmen dann in ihrem Umfang ab. Ungefähr die Hälfte der Nacht verbringen wir im Zustand des leichten Schlafs.

 

Und die Schlafdauer? Die meisten Menschen schlafen tatsächlich 6-8 Stunden in der Nacht. Konkret sind das nach den neuesten Zahlen etwa 80 % der Deutschen [2]. Es gibt aber auch Kurzschläfer, die sich mit weniger Stunden Schlaf frisch und erholt fühlen und Langschläfer, die 9 oder mehr Stunden Schlaf brauchen. All das ist im normalen Bereich. Entscheidend ist, wie man sich fühlt.

 


[1] vgl. Müller, T. & Paterok, B. (2010). Schlaftraining – ein Therapiemanual zur Behandlung von Schlafstörungen. Göttingen: Hogrefe.

[2] Schlack, R. et al. (2013). Häufigkeit und Verteilung von Schlafproblemen und Insomnie in der deutschen Erwachsenenbevölkerung. Ergebnisse der Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1). Bundesgesundheitsbl 2013, 56, 740-748. URL: http://schlafmedizin-berlin.de/material/Schlack.Cohrs.2013.pdf (22.07.2017).